Nur kurze Zeit nachdem von unabhängigen Journalisten eine Petition zur Erneuerung des Journalismus zur Unterschrift aufgelegt wurde (RESPEKT berichtete), wurde bekannt, dass der Chefredakteur der Tageszeitung "Die Presse" und jener der ORF-Nachrichtenredaktion in Chats mit Beamten bzw. Politikern enge Kontakte pflegten, die den Schluss von Interventionen in die eine und die andere Richtung nahe legen. Damit gibt es erstmals konkrete Hinweise auf die immer wieder vermutete Einflussnahme von politisch Verantwortlichen auf die Berichterstattung, die mutmaßlich auch mit Goodies für die Journalisten verbunden waren. Selbst wenn diese Handlungen keine strafrechtlichen Konsequenzen hätten, wären dadurch doch die Gebote der journalistischen Ehrenkodizes gröblich verletzt worden. Die ersten Konsequenzen waren im Fall der "Presse" ein Ruhendstellen der Funktion und im Fall des ORF ein "In-Urlaub-Gehen". Angesichts der drohenden Redaktionsversammlung im österreichischen Runfunk sah sich der betroffene ORF-Chefredakteur, dem wohl das Vertrauen entzogen worden wäre, veranlasst, seinen Rücktritt bekannt zu geben.
Die Tageszeitung "Der Standard" schuf umgehend einen Transparenzblog. "Statt 'Wir sind so nicht' zu rufen, starten wir heute 'So sind wir' ... Wir machen künftig unsere Selbstreflexion öffentlich; wenn wir in unserer Redaktionskonferenz um medienethische Fragen ringen, werden wir in relevanten Fällen unsere Entscheidungen erklären und auch zur Diskussion stellen", schreibt der Chefredakteur in seinem ersten diesbezüglichen Beitrag. Interessant in diesem Zusammenhang sind auch die Erkenntnisse zum Thema "Faktenchecker", die in einem Rubikon-Artikel dargestellt sind sowie ein Blick in die Medientransparenzdatenbank, in der man nachforschen kann, wer in welchem Medium und in welcher Höhe Anzeigen geschaltet hat. Alternativen Medien, zu dem wir auch unsere RESPEKT-Berichterstattung zählen, wird oft vorgeworfen, einseitig zu berichten und es an der nötigen Objektivität mangeln zu lassen. Als Medium der Gegenöffentlichkeit sind wir aber quasi dazu gezwungen, jene Seite ans Licht zu bringen, die in der vom Mainstream veröffentlichten Meinung zu kurz oder gar nicht vorkommt. Auf Basis einer Information zum Thema, die die wesentliche Grundlage unserer Berichte ist und die auch die "öffentliche" Sichtweise abdeckt, zeigen wir eben aber in erster Linie alternative Sichtweisen dazu auf. Der Leser kann sich auf dieser Grundlage dann seine eigene Meinung bilden und muss nicht einer einzigen und vorgegebenen Sichtweise folgen.
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