Ein kommentierender Wochenrückblick – KW 4/23 Nun hat Niederösterreich also gewählt. Und irgendwie fühlt es sich an, als hätten – zumindest politisch - doch alle Beteiligten verloren: die ÖVP nicht nur die absolute Mandatsmehrheit (23 von 56, ein Minus von 6), sondern auch jene in der Landesregierung (4 statt 6 Mitglieder von 9); die SPÖ Platz zwei und damit den Anspruch auf den Landeshauptmannsessel; die FPÖ den möglichen Partner für einen Wechsel an der Spitze des Landes, da sie die SPÖ überholt hat, die Grünen und die NEOS, die nur marginal zulegen konnten und die jetzt als Steigbügelhalter für die Wiederwahl der aktuellen Landeshauptfrau dienen werden müssen, die Kleinparteien MFG, ZIEL und KPÖplus, weil sie in keinem der Wahlkreise, in denen sie kandidieren durften, eine Chance auf ein Direktmandat hatten; sowie die Nichtwähler, die mit 28,48% (ÖVP 28,57%) fast wieder die stärkste Kraft im Land geworden wären und damit wieder einmal wesentlich zur Manifestierung des Status Quo beigetragen haben. Immerhin hat sich die Wahlbeteiligung um etwas mehr als 5 Prozent (von 66,6 % im Jahr 2018 auf 71,52% bei diesem Wahlgang) erhöht, was in Zeiten wie diesen vielleicht doch als zumindest kleiner Erfolg zu werten sein kann. Das Proporzsystem in der niederösterreichischen Landesregierung schweißt die dort vertretenen drei Parteien ÖVP, FPÖ und SPÖ zusammen: sie müssen sich auf eine gemeinsame Linie einigen. Die ÖVP kann nicht mehr alleine entscheiden: sie braucht entweder die SPÖ oder die FPÖ. Im Landtag, der die zukünftigen Mitglieder der Landesregierung wählt, dürfen auch Grüne und NEOS mitbestimmen, in der Regierung sind sie dann aber nicht vertreten, auch wenn sie für den Weiterverbleib des aktuellen Landesoberhaupts votieren. Und dieser Handel um Unterstützung und Posten bedeutet auch, dass hier Zugeständnisse verlangt und auch abgerungen werden können - ein Theater, das so manchem Wähler wieder bewusst machen wird, dass Politik ein schmutziges Geschäft ist und die noch immer zuhauf vorhandenen Nichtwähler in ihrer Sichtweise bestätigen wird. Die Zukunft der Politik wird sich aber nicht mit der Beibehaltung von Partei-Ideologien gestalten lassen, sondern vielmehr über sachliche Zusammenarbeit jenseits dieser Schubladen. Die Herausforderungen für unsere Gesellschaft sind tatsächlich enorm, denn alle bislang gültigen Systeme stehen zumindest auf dem Prüfstand, wenn nicht sogar vor dem Aus: Gesundheit, Bildung, Soziales, Umwelt, Geld und Wirtschaft – überall Baustellen, die nach zukunftsfähigen Lösungen schreien. Dazu eine weiterhin wachsende Zahl von Menschen, die bereit sind, mit anzupacken, aber nicht nach der Pfeife irgendeiner Partei oder Regierung zu tanzen. Das ist auch das Potential, das es zu heben gilt: lokal, regional, kleinräumig – mit dem Blick aufs große Ganze. Die aktuelle Riege der Verantwortlichen scheint aber dazu nicht reif und auch nicht bereit. Zuerst einmal wird in Niederösterreich und womöglich auch auf Bundesebene mal über Personalrochaden diskutiert werden und nicht über programmatische Veränderungen bzw. solche bei der Zusammenarbeit zu Sachthemen. Der neue alte Bundespräsident hat in seiner Antrittsrede (hier im Wortlaut, hier im Video) zu seiner zweiten Amtszeit am 26. Jänner jedenfalls versucht, Wegmarken zu setzen. Gleich zu Beginn weist er auf eine gefährliche Hoffnungslosigkeit hin: „Wir werden unseren gewohnten Alltag verändern müssen. Denn sonst laufen wir Gefahr, unsere Zukunft abzuschaffen. Genaugenommen sind wir schon dabei“, leitete er seine Rede ein. Und ein wenig später: „Zu Leopold Figls Zeiten hatten wir nichts, aber wir hatten die Hoffnung. Glaubt man den aktuellen Umfragen, so scheint es fast, als hätten wir alles, außer die Hoffnung.“ Und gleich darauf fordert er auf, ein Bild von der Zukunft zu zeichnen, auf die man sich wieder freuen kann. Er plädiert für den Kompromiss als Herzstück der Demokratie: für korrekte Information als Basis der liberalen Demokratie; für Politik, die im Interesse des Staates und nicht eines Einzelnen handelt und die Lösungen vorschlagen muss; sowie die Beachtung naturwissenschaftlicher Tatsachen. Zudem sei es wesentlich, „unser freies, europäisches Lebensmodell, aufgebaut auf dem hart erstrittenen Fundament der Menschenrechte“ in Zukunft weiter zu verteidigen. Und dann schließt er mit den Worten, dass er den soeben abgelegten Amtseid wörtlich nehmen, und seine Aufgaben nach bestem Wissen und Gewissen ausüben werde. Das hat den ehemaligen Chefredakteur der Wiener Zeitung in einem Leitartikel in eben dieser Zeitung zu einer grundsätzlichen Betrachtung zum Thema Gewissen in der Politik angeregt. „Ist der Umgang mit der FPÖ eine Gewissensfrage oder doch Teil der alltäglichen demokratischen Konfliktkultur?“, fragt er sich und fordert dringend eine mehrheitsfähige Antwort darauf. Knapp vorher hat das Blatt in seiner Titelstory durchaus tendenziös über das Verhalten der FPÖ während der Bundesversammlung berichtet. So heißt es auf der Titelseite der Ausgabe vom 27.1.: „Die FPÖ dürfte mit Van der Bellens Aussagen nicht zufrieden gewesen sein, als er meinte, Grund-, und Menschenrechte seien unantastbar. Die ganze Fraktion verweigerte den Applaus.“ Und im Beitrag auf Seite drei steht Folgendes zu lesen: „Selbst bei Van der Bellens Satz, dass sich der Nationalsozialismus niemals wiederholen dürfe, soll die FPÖ still gewesen sein, wie mehrere Abgeordnete im Anschluss berichteten.“ Hier zeigt sich einmal mehr das Dilemma der Vierten Gewalt, die sich schwer tut mit der Trennung von Meinung und Bericht. Zwei Aufreger haben in den letzten Tagen die Social-Media-Blasen bewegt: Zum einen ist da ChatGPT, ein Werkzeug der Künstlichen Intelligenz (KI), das Journalisten das Recherchieren und Schreiben, Musikern das Texten und Komponieren und Studierenden das Verfassen von wissenschaftlichen Arbeiten abnehmen kann. Dass wir als Menschen damit nicht abgeschafft werden, sondern uns durch KI sogar besser verstehen lernen, hat Erik Brynjolfsson, Professor für Informationsökonomie an der Stanford University, in einem Gespräch mit der Wiener Zeitung festgestellt – was quasi einer Entwarnung gleich kommt. Zum anderen wurde heiß über die Zulassung von Insekten als Nahrungszusatz diskutiert - wobei vor allem auf die Wichtigkeit von Proteinen einerseits und die mutmaßlich giftige Wirkung von in ihnen enthaltenem Chitin andererseits eingegangen wurde. Was aber tatsächlich besorgniserregend ist, ging in dieser emotional geführten – und die Gesellschaft wieder einmal spaltenden Debatte – unter: dass nämlich von oben verordnet wurde, was nun alle „schlucken“ müssen und die Entscheidung nicht vom Einzelnen getroffen werden kann bzw. eine Ablehnung halt aufwendig ist, weil man recherchieren muss. Aber es gibt auch eine einfache Lösungsmöglichkeit: Konzentrieren wir uns doch endlich auf Direktvermarkter und Selbstversorgung. Auch der in mehreren Medien angekündigte „Supergau“ im Gesundheitsbereich durch das Fehlen von medizinischen Fachkräften belastet die ohnehin schon geplagte Bevölkerung mit einer weiteren Sorge. Aber auch hier können ganz neue Denkansätze – neudeutsch als „out of the box“ bezeichnet – eine völlige Neuaufstellung des Gesundheitssystems ermöglichen, das sich dann nicht an der Behandlung von Krankheiten orientiert, sondern an der Gesunderhaltung der Menschen. Dazu braucht es zwar eine ganze Menge Anstrengungen in verschiedensten Bereichen, wie etwa Umwelt (saubere Luft, sauberes Wasser), Ernährung (gesunde, nachhaltige Nahrungsmittel) und eine stressfreie Existenz (Arbeitsbedingungen, Einkommen). Diese Investitionen aber würden a la longue zu einer wesentlichen Entlastung der medizinischen Fachkräfte führen - sie würden schlicht und einfach weniger gebraucht werden. Und auch die Corona-Aufarbeitung macht wieder kleine Schritte: Acht Kunstschaffende schildern in der Doku „Hauptsache Geimpft“ ihre Erlebnisse während der Zeit, als über eine Impfpflicht diskutiert bzw. diese eingeführt wurde. Damit wollen sie „einen Anstoß zur Aufarbeitung und Wiedergutmachung des Unrechts, das vielen angetan wurde“, geben. Es zeigt sich also, dass im Kleinen und in der Gegenwart das gesät wird, was einst im Großen und in der Zukunft zu blühen beginnen wird.
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Unser Gesundheitssystem stehe vor dem Kollaps, warnen Pflegepersonal, Patienten und Ärzte, nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa, ja auch darüber hinaus. Auch hier war C ein „Bewusstseinsbringer“, es wäre aber schade, wenn die große Chance eines Systemwandels einmal mehr mit ein paar kosmetischen Operationen vertan würde. Zunächst einmal muss die große Lüge, die Gesundheit und das Wohlbefinden des Menschen stünden dabei im Vordergrund vom Tisch – und nicht wieder unter den Teppich gekehrt werden. Denn, wer ehrlich ist, weiß mittlerweile, dass es trotz der Umbenennung der Kranken- in Gesundheitskassen vielmehr darum geht, Krankheiten und Kranke zu verwalten und wenn notwendig, auch neue zu schaffen. Harte Worte, die vor mir schon anderen eingefallen sind, so den Philosophen Ivan Illich und Bertrand Stern sowie dem ehemaligen Mediziner Gerd Reuther. Tatsächlich lässt sich wie in allen Bereichen, die im Lauf der letzten Jahrzehnte marktwirtschaftlichen Regeln unterworfen wurden, auch im Gesundheitsbereich eine schädliche Entwicklung in Richtung Kommerzialisierung erkennen. Dazu gehören nicht nur die Behandlung – welch sprechendes Wort – von Kranken sondern auch die so genannten Vorsorgeuntersuchungen, bei denen in der Regel auch nur festgestellt wird, ob man schon krank oder noch gesund ist. Wobei bei solchen Diagnosen auch immer noch ein Spielraum besteht, ab wann man als krank befunden, besser gesagt befundet wird. Tatsächlich steht ein dringend notwendiger Paradigmenwechsel an, der auch die aktuell an die Oberfläche gespülten Probleme im Krankenwesen radikal, also von der Wurzel her, auflösen würde. Stellen wir uns vor, dass wir von Kindesbeinen an in die Lage versetzt werden, auf unsere Gesundheit zu achten, also auf Körper, Geist und Seele. Stellen wir uns vor, dass es Ziel der für unser Gemeinwesen Verantwortlichen – ich nenne sie bewusst nicht mehr Politiker, denn dieser Begriff ist genauso verbrannt und verbraucht wie etwa die „Sünde“ – ist, den Menschen ein Umfeld zu schaffen, das gesund erhält, also sauberes Wasser, saubere Luft, stressfreie Arbeitsbedingungen, ein existenzgesichertes Leben ohne ständige Bedrohungen von Krieg, Wohnungslosigkeit, Armut, etc. Was wäre dann? In meiner Utopie braucht es dann keine Krankenhäuser mehr. Menschen wären in der Lage, falls ihre Gesundheit mal angeknackst ist, sich die Zeit zu nehmen, die notwendig ist, damit sich Körper, Geist und Seele wieder regenerieren können. Es bräuchte keine Schulmediziner mehr, weil die Gesundheitskompetenz in den Händen aller liegt, es bräuchte keine Pharmaindustrie mehr, weil die Natur alles parat hat, es bräuchte kein Pflegepersonal mehr und die Unterstützung bei der Heilung, die ja eigentlich von selber kommt oder eben auch nicht, würde durch das direkte Umfeld besorgt. Was wäre dann? Was heute noch Utopie ist, mag sich bei näherer Betrachtung zu einer machbaren Vision entwickeln, die dazu führt, dass wir dieses zukunftsträchtige Projekt in Angriff nehmen. Und eines Tages werden wir zwar immer noch sterben, weil wir als Spezies von Geburt an dem Tod geweiht sind, aber es wird alles seinen guten und richtigen Lauf nehmen, so wie das Leben eben ist. Das wäre doch was! Im Übrigen bin ich der Meinung, dass wir als vernunftbegabte Wesen die Lehren aus den vergangenen Jahren ziehen, alle „vergewohltätigenden“ Fesseln – und seien sie auch noch so süß – sofort ablegen und unser Leben selber in die Hand nehmen sollten, zum Wohl für uns und alle Menschen auf der ganzen Welt. |
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März 2023
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