Es gibt eine alte Weisheit, dass Menschen in der Krise enger zusammenrücken. Die wird aber – nicht nur seit der unseligen zur Pandemie erklärten C-Zeit – immer wieder und womöglich sogar immer öfter Lügen gestraft. Krisen zeigen nämlich immer auch das Gegenteil: in ihnen zeigt sich, wie stabil eine Beziehung ist. Kritische Situationen können Menschen zusammenschweißen oder zu Gegnern machen, die ihre Meinungsverschiedenheiten bezüglich einer Lösung dieser Herausforderung bis zum bitteren Lose-Lose austragen, bei dem letztendlich alle Beteiligten verlieren. Kriege sind dafür das abschreckendste Beispiel. Es geht aber auch im Kleinen: in der Partnerschaft und in der Familie. Besonders heftig wird es, wenn Einflüsse von Außen eine Rolle bekommen, also etwa die Schwieger- oder Großeltern, gesellschaftliche Normen, Weltanschauungen, Ideologien oder Narrative. Unsere Zeit ist aktuell voll von Krisen bzw. ist plötzlich ein Bewusstsein für ebensolche entstanden – und vor lauter Krisen sieht man die Chancen nicht (mehr). Zudem wird die Aufmerksamkeit der Bevölkerung auf ganz viele Nebenschauplätze gelenkt, die das Wesentliche und wirklich Wichtige verschleiern hilft. Die differenzierte Betrachtung und eine ebensolche Debatte sind bei den großen Themen im Moment kaum bis gar nicht möglich. Immer wird man der einen oder der anderen Seite zugeordnet, wenn man sich äußerst, wenn man sich nuanciert äußert fährt die veröffentlichte Meinung – die ja keinesfalls mit der öffentlichen Meinung übereinstimmen muss – mit einem Schlitten. Im schlimmsten Fall kommt dann sogar das ganze Leben aus der Bahn. Was das mit den Ereignissen dieser Woche zu tun hat? Wieder einmal leider eine ganze Menge. Beginnen wir bei den verheerenden Erdbeben in der Türkei, die über deren Grenze nach Syrien ausgestrahlt und auch dort jede Menge Opfer gefordert haben. Im Spiel zum deutschen Fußball-Cup zwischen Eintracht Frankfurt und Darmstadt 98 hat der ARD-Kommentator – nachdem dort vor Spielbeginn der Opfer dieser Katastrophe gedacht wurde – mit einem seinen Worten nach „naiven“ Vorschlag aufhorchen lassen: Man möge doch alle Kriege einstellen und die Soldaten als Helfer in die Krisenregion schicken. Er selbst hat mit seiner sich selbst relativierenden Aussage das ganze eingangs beschriebene Dilemma auf den Punkt gebracht. Naiv ist laut ihm, wenn man meint, ein Notfall schweiße die Menschen zusammen und lasse sie – gleich der griechischen Tragödie – Katharsis, Läuterung erfahren. Und wenn man sich dann im Umfeld dieser Ereignisse umschaut, dann hört man davon, dass die Türkei weiterhin kurdische Gebiete in Nordsyrien bombardiert oder dass ein kürzlich erfolgreicher Landesparteiobmann der FPÖ die Entsendung von 84 Soldaten und die Unterstützung mit 3 Millionen Euro für die Erdbebenhilfe auf Facebook kritisiert und fordert, dass diese Gelder stattdessen für notleidende Österreicher Verwendung finden. In so manchem Social Media-Kanal verbreitet sich sogar die Ansicht, dass die USA durch das Zünden von unterirdischen Bomben für die Katastrophe verantwortlich sei. „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht“, hat meine Oma mir einmal als Kind ins Gesicht geschleudert. Das hat mich sehr betroffen gemacht, weil ich eigentlich – in diesem Fall zumindest – nicht gelogen hatte. Andererseits hat es mich – bei näherer Betrachtung in späteren Jahren – auch davon befreit, immer und überall die Wahrheit sagen zu müssen. Und so kann diese Weisheit auch kontraproduktiv wirken. Wenn dir eh niemand mehr glaubt, dann kannst du alles erzählen und darauf bestehen, dass man dir das Gegenteil beweist. Ein bereits in der Vergangenheit „auffällig“ gewordener US-amerikanischer Aufdecker-Journalist hat dieser Tage in seinem Blog eine umfassende Analyse des Attentats auf die Nord-Stream-2-Pipeline veröffentlicht und dabei Beweise publiziert, die zeigen, dass vermeintlich die USA hinter der Sprengung stehen. Es gab viel Zuspruch, aber auch Gegenmeinungen. So wirft die österreichische Tageszeitung „Der STANDARD“ dem mittlerweile 85-Jährigen vor, dass er seine Ausführungen auf nur eine anonyme Quelle bezieht und – wie nicht anders zu erwarten war – er in den letzten Jahren eher als Verschwörungstheoretiker denn als Investigativjournalist aufgefallen sei. Was glauben – und wem? Beim EU-Sondergipfel zur Lage in der Ukraine durfte auch deren Präsident zu Gast sein. Weiterhin herrscht demonstrativ zur Schau gestelltes gegenseitiges Wohlwollen, dass sich zum Teil schon jenseits der sonst so hochgehaltenen political correctness befindet. Damit wird der Sache eher ein Bärendienst erwiesen als ein Beitrag zum dringend notwendigen Frieden geleistet. In einer Diskussionsrunde dazu auf Phönix äußerte sich der Russland-Experte Gerhard Mangott zum von der einen Seite geforderten und von der anderen Seite ins Auge gefassten EU-Beitritt der Ukraine wie folgt – und trifft damit den Nagel auf den Kopf: "Die Ukraine ist derzeit weder beitrittsreif, noch ist die EU derzeit erweiterungsfähig. Da braucht es noch viele Anstrengungen und Fortschritte auf beiden Seiten." Apropos öffentlich-rechtliche Medien: In einem Kommentar in „Die Welt“ wird darauf Bezug genommen, dass aufgrund einer wachsenden Zahl von Seher-Wünschen, nun auf die „Sprechlücke“ beim Gendern verzichtet werden soll. Gemeint ist damit jene kleine Pause, die im verschriftlichten Deutsch mit einem Asterisk, diesem kleinen Sternchen (*), markiert ist und eben jene Unterbrechung anzeigt, um alle Geschlechter, die biologischen und die sozialen, gleichermaßen einzubeziehen und die so seltsame Blüten treibt wie etwa Mitglieder*innen. Aber damit befinden wir uns auf einem der oben angesprochenen Nebenschauplätze, auf denen es sich so wunderbar streiten lässt, die aber nichts zur Lösung der für die Menschheit großen Herausforderungen beitragen. Ebenso wie das ständige Gedöns um die Führung und die (ideologische) Richtung der Parteien. Da steht angeblich das endgültige Ende der einst sozialistischen und nunmehr sozialdemokratischen Parteien, auch jener in Österreich bevor, denen es nicht und nicht gelingt, ihre neue Zielgruppe, die wächst und wächst, zu erreichen – sondern stattdessen zwischen den Stühlen von Mitte-Links und Mitte-Rechts zum Sitzen kommt und damit bei der Bevölkerung ein ums andere Mal durchfällt. Nach der Schlappe in Niederösterreich wurde der dortige Obmannposten mit einem Wiener, dessen Bezug zum Bundesland darin besteht, dass er zuletzt Geschäftsführer des dortigen Arbeitsmarktservices (AMS) war, besetzt. Was parteiintern durchaus für Verwunderung sorgte. Der Kärntner SPÖ-Landeshauptmann befürchtet, dass er bei der Wahl Anfang März die absolute Mehrheit verlieren könnte und hat sich daher eine „breitere Partei-Spitze“, nicht aber eine von Medien kolportierte Doppelspitze gewünscht. Und zwischen dem Salzburger und dem burgenländischen Landesparteiobmanns herrscht demonstrative Einigkeit in Sachen Neuaufstellung der SPÖ nach den Landtagswahlen in Salzburg Ende April. Wesentlich ist es, unsere Meinung durch die Volksvertreter repräsentiert zu sehen, was angesichts von Wahlbeteiligung und Abstimmungsverhalten der in die verschiedenen Entscheidungsgremien gewählten Politiker durchaus in Frage steht. In Deutschland gibt es schon seit längerem eine vom Verein „DEMOCRACY“, der sich für Demokratie als politische Selbstbestimmung einsetzt, entwickelte App, mit deren Hilfe man zu allen aktuellen Themen seine Meinung abgeben kann. Dabei zeigt sich – laut einem Bericht auf RUBIKON – dass die Abstimmungsergebnisse im dortigen Bundestag nur selten den Wählerwillen widerspiegeln. Obwohl die Resultate nicht repräsentativ sind, zeigen sie doch eine Tendenz, die Sorge bereitet, und deren Änderung berücksichtigt werden muss, wenn man die Menschen wieder für die Mitwirkung an demokratischen Entscheidungsprozessen gewinnen will. In diesem Zusammenhang stellt sich mir auch die ketzerische Frage: Will man das überhaupt? Wirklich wichtig ist auch die Aufarbeitung der C-Jahre (es soll ja schon eine neue Zeitrechnung mit v. C. und n. C. geben). Immerhin sind diese Woche auch diverse Medien auf den nunmehr anfahrenden „Mea-Culpa-Zug“ aufgesprungen, bei genauerer Betrachtung aber mit der angezogenen Handbremse des „Wir haben es halt damals nicht besser gewusst.“ Subtil wird auch daran gearbeitet, dass das Herausfinden von Richtig oder Falsch daran scheitern könnte – wie in der Wiener Zeitung am Ende dieser Woche zu lesen war -, dass es zu wenig Datenmaterial gibt und Studien allein nicht aussagekräftig sind, weil sie zu gegenteiligen Erkenntnissen kämen. Während Wien nun das Aus für die Maskenpflicht mit 1.März 2023 verkündet, hat sich auch der Verein GGI (ehemals Grüne gegen Impfpflicht, nunmehr Grüner Verein für Grundrechte und Informationsfreiheit) – wie ein aktueller Newsletter titelt – „Die große Aufarbeitung“ zum Ziel gesetzt. Deren Scheitern ist laut Tobias Riegel in seinen Ausführungen im Internet-Portal „Nachdenkseiten“ schon vorprogrammiert, weil die geplanten Ansätze völlig ungenügend seien. Erfolgreich wird ein Mitreden, egal ob im politischen Meinungsbildungsprozess oder bei der Aufarbeitung von Krisen und dem Umgang damit, immer dann sein, wenn Meinung und Gegenmeinung respektiert und eine differenzierte Betrachtung zugelassen wird. In jedem Fall aber sollten jene, die Verantwortung übernommen haben, sich dieser Verantwortung und den daraus resultierenden Konsequenzen stellen. Auch das ist ein not-wendender Beitrag zu einer gelungenen Aufarbeitung, aus der Lehren für die Zukunft gezogen werden können.
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Ein kommentierender Wochenrückblick – KW 5/23
„Wahlkampf ist die Zeit fokussierter Unintelligenz“, hat ein Wiener Bürgermeister im Jahr 2005 zum Besten gegeben. Ich möchte ihm gerne zustimmen und seine Aussage auf jegliche Art von Kampf erweitern, egal ob es um Macht, die Schlägerei um die nächste Ecke oder Krieg geht. Derzeit befinden wir uns ja schon seit längerem im Krieg, wenn es nach den politisch Verantwortlichen geht. In einem Fall, nämlich beim Corona-Virus, nahmen sie den Begriff tatsächlich des öfteren in den Mund, im anderen Fall, nämlich dem Ukraine-Russland-Konflikt sind sie ein wenig zurückhaltender. Das ändert nichts daran, dass in so manchem Social-Media-Kanal davon die Rede ist, dass mit der Lieferung von 15 (!) deutschen Panzern der nach dem Zweiten Weltkrieg geschlossene Waffenstillstand zwischen unserem Nachbarland und Russland de facto aufgehoben wurde und sich die beiden Staaten nunmehr wieder im Krieg befänden. Auch in diesem Fall hat die „fokussierte Unintelligenz“ die Oberhand und so manchen Troll wird’s mächtig freuen, wie schnell der Hausverstand aussetzt, wenn man nur ein wenig auf die Angst-Tube drückt. In beiden Bereichen treibt die ohnehin – auch ohne solche Aussagen – ihr Unwesen. Im deutschen Fernverkehr wurde nun mit 2.2.23 (just an jenem Tag feiert die katholische Kirche Lichtmess, ein auf das keltische Imbolc aufgepropfte Licht-Fest zur Hälfte des Winters) die Makenpflicht abgeschafft (wobei eine Empfehlung bleibt) und in Österreich kurz davor die Beendigung aller Covid-19-Maßnahmen mit Ende Juni angekündigt. Unbeeindruckt von beidem zeigt sich der Nachfolger jenes oben zitierten Stadtoberhaupts, da er und sein Gesundheitsstadtrat nach wie vor von der Wirksamkeit und daher Notwendigkeit dieser Maßnahme überzeugt sind. Geplant ist in Österreich allerdings die zeitnahe Einführung eines Krisen-Sicherheitsgesetzes, das derzeit in Begutachtung ist und schon eine Menge negativer Stellungnahmen aus der Bevölkerung erhalten hat sowie die vom Gesundheitsminister angekündigte Novellierung des Epidemiegesetzes, in dem all das wieder verankert werden soll, was der Bevölkerung schon in den letzten Jahren zugemutet wurde. Damit will man auch die nötige Verfassungskonformität solcher Aktionen verankern, zumal der zuständige Gerichtshof diesbezüglich – wie in einer Hangar-7-Diskussion auf Servus TV festgehalten wurde – ohnehin nur die formale Richtigkeit, nicht aber deren Sinnhaftigkeit überprüft habe. Demnach sind also auch völlig unwirksame Einschränkungen der Grund- und Freiheitsrechte verfassungskonform. Da könnten wir uns diese Einrichtung gleich sparen und den Bundespräsidenten wirken lassen, der macht das genau so gut bzw. schlecht. Nachdem - nicht nur – in Österreich schon seit Längerem eine gewisse Impf- und Maskenmüdigkeit eingetreten ist, stellt sich die Frage, was tu mit den abgelaufenen Restbeständen, die allerdings in die Millionen gehen und zudem Sondermüll sind. Die von der westlichen Welt abwertend als Entwicklungsländer bezeichneten Staaten haben auf diese Wohltätigkeit keine Lust und die Hersteller haben sich ja schon zeitgerecht von einer Rücknahmeverpflichtung frei gemacht. Das Geld dafür lässt sich auch nicht mehr zurückholen, waren die Produkte ja nicht auf Kommission gekauft. Bleibt wohl nur das Verbrennen, das bisserl CO2, das dabei entsteht, wird den so genannten Klimawandel sicher nicht nachhaltig verschlimmern. Angesichts dieser Tatsachen fordert u.a. GGI - Grüner Verein für Grundrechte und Informationsfreiheit Transparenz und Evaluierung und ein Lernen aus den Fehlern für zukünftige ähnliche Situationen und sieht in der Aufarbeitung eine Chance für die Demokratie. Im Osten Europas ist der schon seit Jahren schwelende Konflikt zwischen Russland und der Ukraine in eine bewaffnete Auseinandersetzung eskaliert, bei dem auf beiden Seiten und auf den die jeweilige Seite unterstützenden Kräften die Intelligenz Pause macht; also genauer gesagt, bei denen, die die Befehle geben und damit Millionen von unschuldigen Menschen in ihre Auseinandersetzung hineinziehen. Differenzierte Betrachtungsweisen werden umgehend als jeweils „staatsfeindlich“ abgestempelt, die Gesellschaft auch in den westlichen Ländern nach Corona erneut gespalten. Die Propaganda treibt seltsame Blüten, der russische Präsident sieht sich als Bollwerk gegen den „Nazismus“, das ukrainische Staatsoberhaupt als Retter der westlichen Zivilisation. Darum durften auch die EU-Granden am Ende der Woche nach Kiew reisen, wo sie herzlich empfangen wurden. Gleichzeitig wurden ihnen weitere Forderungen mit auf den Weg gegeben, so der ehestbaldige EU-Beitritt und weitere Waffenlieferungen, von Hilfsgeldern ganz zu schweigen. Das hat den Russland-Experten Gerhard Mangott zu einem sarkastischen Kommentar auf Twitter veranlasst. „Mein böses Fazit des EU-Ukraine Gipfels für ntv: Von der Leyen und Michel sind Handelsreisende in Sachen salbungsvoller Worte; Selenskyj und Schmyhal sind Verkäufer von Illusionen“, so der Innsbrucker Politikwissenschafter. Kurz davor war auch der österreichische Bundespräsident in der ukrainischen Hauptstadt zu Gast, sein erster Staatsbesuch in seiner zweiten Amtszeit galt symbolträchtig dem dortigen Staatslenker – was dieser mit schönen Bildern auch kräftig auszunutzen wusste. Dem Wunsch nach einer militärischen Unterstützung erteilte er nicht nur wegen der Neutralität Österreichs eine Absage. "Wir in Österreich müssen gestehen, unsere Armee nach zehn Jahren finanzieller Aushungerung so vernachlässigt zu haben, dass ich nicht wüsste, welche Waffen wir liefern könnten." Gleichzeitig bot er auch die Unterstützung bei Friedensverhandlungen an, kürzlich gab es dazu auch weitere konkrete Vorschläge. Der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger stellte in einer Videobotschaft an das WEF-Forum in Davos seine Sichtweise vor. Demnach solle die aktuelle Frontlinie eingefroren werden und danach Friedensverhandlungen starten. Der Donbass und die Krim sollten dabei Russland zugeschlagen werden, während Russland die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine schlucken müsse. Für den Soziologen Max Haller ist es wichtig, dass sich die USA aus dringend nötigen Friedensverhandlungen heraushalten. „Jede einigermaßen realistische Betrachtung muss zu dem Schluss kommen, dass ein Sieg der Ukraine als höchst unwahrscheinlich scheint, aber ebenso wenig ein Sieg Russlands im Sinne von Putins anfänglichem Kriegsziel, die Regierung in Kiew abzusetzen“, schreibt er in seinem Gastkommentar für die Wiener Zeitung und plädiert für sofortige Bemühungen um einen Waffenstillstand ausgehend vom ukrainischen Präsidenten mit Unterstützung der EU und Zustimmung der USA. Das Kriegsgebiet sollte von militärischen Truppen geräumt werden und die UNO die Kontrolle übernehmen. Das hätte für beide Seiten eine sofortige positive Wirkung und wäre die Basis für anschließende Friedensverhandlungen. Kollateralschäden gibt es auch durch diese Situation genug. So wird der Krieg in der Ukraine dafür benutzt, die seit Monaten grassierende Teuerung zu begründen. Verblüffend dabei ist, dass die OMV kürzlich einen Rekordgewinn von fünf Milliarden (in Zahlen: 5 000 000 000) Euro feierte und deren Vorsitzender sich jeglichen schlechte Gewissens mit folgenden Worten entledigte: "Wir sind extrem stolz bei der OMV, dass wir ein Rekordjahr hinlegen konnten" und man habe einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit geleistet, und "am meisten von einer erfolgreichen OMV profitiert die Republik Österreich", da rund eine Milliarde in den Steuertopf fließe. Wie ein Redaktionskollege anmerkte, könnte man mit diesem „Kriegsgewinn 250.000 der 400.000 in Wien benötigten Gasheizungen durch Wärmepumpen ersetzen oder 300.000 Haushalte mit einer 10kwp Solaranlage ausstatten“. Schön wär’s. Stattdessen freuen sich die Aktionäre und auch für den Vorstand wird sicher eine „angemessene“ Prämie herausspringen. Ich muss dem Kollegen recht geben, wenn er sein Posting mit „Glaub die Leute kapieren es noch immer nicht“ schließt. Ein weiteres prominentes Opfer dieser fokussierten Unintelligenz ist die vor allem durch ihre Auftritte in einer ORF-Show bekannte Band „Russkaja“. Die hat sich nämlich dieser Tage aufgelöst und die bevorstehende Tournee abgesagt. Aufgrund permanenter Shitstorms und einer "Flut von Hasskommentaren" sei die Band am Ende, erklärte sie auf ihrer Facebook-Seite. Für mich liegt die Beendigung des Krieges darin, dass man ihn erst gar nicht beginnt, wie ich in meinem Beitrag zur Rubrik „Friedensnoten“ im Online-Magazin RUBIKON geschrieben habe. Aber dazu bräuchte es einen völlig neuen Zugang zu Konflikten und deren Bearbeitung, begonnen beim Kommunikationsverhalten (siehe Paul Watzlawick, Friedemann Schultz von Thun und andere), der Äußerung von Bedürfnissen (wie Marshall B. Rosenberg sie in seinen Ausführungen zur gewaltfreien Kommunikation darlegt), dem Bewusstsein für Konflikteskalation (wie sie Friedrich Glasl beschrieben hat) und den Umgang mit Widerstand gegen eine untragbare Situation (wie man bei Martin Arnold nachlesen kann). Abschließend noch ein kurzer Blick nach Niederösterreich, wo jetzt der ORF-Landesintendant noch vor Bekanntgabe der internen Untersuchungsberichts wegen der Vorwürfe, er hätte die Berichterstattung der Redaktion zu Gunsten der ÖVP organisiert, endgültig zurückgetreten ist. Der gelernte Österreich weiß auch, warum die Untersuchungsergebnisse erst nach der Landtagswahl in NÖ verlautbart werden, damit konnte nämlich die noch amtierende Landeshauptfrau ihr Narrativ, es handle sich bei den Vorwürfen um einen ORF-interne Intrige aufrechterhalten und sich noch jene Paar Prozentpunkt sichern, die eine Koalition aus FPÖ und SPÖ gegen sie ermöglicht hätten. Ich halte sie dennoch für rücktrittsreif, da ihre Glaubwürdigkeit wohl endgültig den Bach hinuntergehen wird. Aber politische Uhren ticken meistens anders – und in fünf Jahren kräht im selbstvergessenen Österreich kein Hahn mehr nach Ereignissen dieser Art. Ich kann nicht verhehlen, dass auch mich bei solchen Vorfällen immer wieder mal der Mut verlässt. „Mut tut (aber) gut“, steht auf meiner Pinnwand und so möchte ich uns alle – mich eingeschlossen, ermutigen, diesen täglichen Zumutungen weiter die Stirn zu bieten und an einer besseren Welt zu arbeiten. Die Redaktion von Idealism Prevails, für die ich unter anderem schreibe, hat sich dies zum Motto gemacht: „Make the world a better place“. Und nur daran sollten wir uns von den nachfolgenden Generationen messen lassen. |
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März 2023
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