Die schon seit geraumer Zeit immer wieder aufbrechende Diskussion um political correctness hat dieser Tage einen neuen Höhepunkt erreicht. Wurden wir schon in der länger zurückliegenden Vergangenheit immer wieder mit Gender-Fragen konfrontiert, so kam in der C-Zeit der Kampf um korrektes Gesundheits- und Hygieneverhalten dazu. Kürzlich wurde über die Frage diskutiert, ob Dreadlocks, die von Weißen getragen werden, diskriminierend seien und zuletzt musste sogar Winnetou dran glauben.
In bester Wild-West-Manier, die nur Gut oder Böse, Schwarz oder Weiß kennt, sah sich der Ravensburger-Verlag nach Kritik veranlasst, zwei Winnetou-Kinderbücher zu einem Kinofilm aus dem Verkauf zu nehmen. Man sei zu der Überzeugung gekommen, dass hier ein „romantisierendes Bild mit vielen Klischees“ gezeichnet werde, hieß es. Die Karl-May-Gesellschaft und die Karl-May-Stiftung fühlten sich auf den Plan gerufen und verfassten einen offenen Brief an den Verlag. Darin betonten sie, dass May als deutscher Schriftsteller des 19. Jahrhunderts „unvermeidlich vom Habitus eines kolonialen Zeitalters geprägt“ gewesen sei. Insbesondere in seinen frühen Texten seien damals gängige ethnische Stereotype und eine eurozentrische Perspektive enthalten. „Diese kritisch herauszuarbeiten und auf ihre Quellen zurückzuführen, ist Aufgabe der Literatur- und Kulturwissenschaft.“ Und in Bad Segeberg, dem Mekka der Karl-May-Spiele, ergriff sogar Old Shatterhand das Wort dazu. Laut RTL-News erklärte er in der Schlussszene, dass sein Weg ihn jetzt nach Deutschland zurück führe, wo er über seine Abenteuer mit Winnetou berichten werde - „nur nicht bei Ravensburger“. Dieser Tage kursierte in den Sozialen Medien ein Posting, dass ein Foto des Sioux-Häuptlings Big Snake mit der Witwe Karl Mays im Jahr 1928 an dessen Grab zeigt. Dort soll er folgende Worte gesprochen haben: „Du großer toter Freund! Du hast unserem sterbenden Volk im Herzen der Jugend aller Nationen ein bleibendes Denkmal errichtet. Wir möchten Dir Totempfähle in jedem Indianerdorf aufstellen, denn nie hatte der rote Mann einen besseren Freund.“ Diese Diskussion ist nicht neu, sie betraf Bücher von Mira Lobe und ihrer „Negerpuppe Lollo“ sowie Astrid Lindgren und Pippi Langstrumpfs Vater, der „Negerkönig“ (mittlerweile vom Verlag in Südseekönig umbenannt) im Taka Tuka Land ist. Anstatt Erklärendes hinzufügen, wie es durchaus auch eine Zeit lang üblich war, cancelte man die Begriffe – oder jene, die sich weigerten, hier politisch korrekt vorzugehen. Angesichts der Debatte um die in der C-Zeit aufgebrochenen gesellschaftlichen Gräben ist diese Vorgangsweise Sinnbild für eine Entwicklung, die schon länger das Trennende vor das Gemeinsame stellt. Und: Möglicherweise sind Diskussionen wie diese sogar ein Ablenkungsmanöver von weit wichtigeren Themen, die unsere Gesellschaft zu klären hätte, um ein gutes Miteinander zu bewerkstelligen
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